Nicht alles was legal ist, ist auch legitim!

17.11.2017

Lesen Sie hier Tobias Kochs Rede zur den Paradise Papers.

Mit den "Paradise Papers" haben wir zum dritten Mal seit 2014 tiefen Einblick in das internationale Geschäft der Steuerflucht erhalten. Der Dank dafür gilt den investigativ arbeitenden Journalisten. Ihre Recherchen bringen die Strukturen, Akteure und Nutznießer dieser steuerlichen Parallelwelten ans Licht der Öffentlichkeit.

Anders als bei LuxLeaks und Panama-Papers haben wir es bei den Paradise-Papers allerdings weniger mit Steuerhinterziehung als vielmehr mit legalen Methoden der Steuervermeidung zu tun. Wir leben in einer globalisierten Welt, in der jeder Mensch seine finanziellen Transaktionen nahezu überall auf dem Globus tätigen kann.

Dadurch sind die Möglichkeiten für eine gezielte Steuergestaltung unglaublich vielfältig geworden.

Leider müssen wir feststellen, dass es Menschen gibt, die die Leistungen des Staates bei Schulen, Krankenhäusern und Polizei ganz selbstverständlich in Anspruch nehmen, die aber gleichzeitig bis an die Grenze des Erlaubten nach Schlupflöchern suchen, um sich um die Finanzierung dieser staatlichen Aufgaben herumzudrücken.

Allerdings bedarf es hierfür nicht nur des Wunsches nach Steuervermeidung bei Konzernen und Milliardären, sondern es braucht dafür auch Länder und Regierungen, die mit ihren Gesetzen diese Möglichkeiten überhaupt erst schaffen.

Es braucht Staaten, die sich um des eigenen Vorteils willens mit minimalen Steuersätzen oder dem Entstehen einiger weniger Arbeitsplätze zu frieden geben, und dabei billigend in Kauf nehmen, dass anderen Staaten Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entzogen werden.

Das ist ein zutiefst unsoziales Verhalten auf Seiten aller Beteiligten. Es führt dazu, dass sich einige Wenige auf Kosten der Allgemeinheit bereichern. Dadurch wird die Schere zwischen Arm und Reich größer und der soziale Zusammenhalt unserer Gesellschaft wird gefährdet.

Als Christdemokraten verurteilen wir das zutiefst. Nicht alles was legal ist, ist auch legitim!

Die "Paradise Papers" lenken unseren Blick insbesondere auf die Steuergestaltungsmöglichkeiten innerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union: Die Niederlande, Luxemburg, Irland und Malta werden dabei namentlich mehrfach genannt.

An dieser Stelle sei mir der Hinweis gestattet, dass der Finanzminister in den Niederlanden in den letzten fünf Jahren ein Sozialdemokrat gewesen ist. Luxemburg wird seit Ende 2013 von einer Liberal-Sozial-Grünen Koalition regiert.

Und in Malta, wo vor kurzem eine investigative Journalistin durch eine Autobombe getötet wurde, gibt es ebenfalls seit 2013 eine sozialdemokratische Regierung. Es war dieser sozialdemokratische Ministerpräsident Maltas, der in dieser Woche auf Spiegel Online bestritt, dass es in Europäischen Union überhaupt so etwas wie Steueroasen geben würde.

Ich erwähne das deshalb, weil diese Beispiele deutlich machen, dass es ganz anderen Handlungsbedarf gibt, als sich beim Thema "Paradise-Papers" die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein vorzuköpfen. Die gemeinsame Position von CDU, Grünen und FDP bei uns im Land ist nämlich vollkommen klar und unmissverständlich im Koalitionsvertrag festgehalten:

Wir setzen uns dafür ein, Steuerbetrug, Geldwäsche und Schwarzarbeit konsequent zu bekämpfen, Steuerschlupflöcher zu schließen und Steuergestaltungen offenzulegen. Das sind nicht nur verbale Ankündigung, sondern die neue Landesregierung hat hierfür bereits in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit gehandelt.

Die Bundesratsinitiative zum Verbot sogenannter "Share Deals" wurde auf den Weg gebracht. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es am Ende der Koalitionsverhandlungen in Berlin gelingen wird, sich auf genau diese schleswig-holsteinische Position zu verständigen.

Statt wie die SPD die Allgemeinheit mit immer höheren Steuersätzen zu belasten, werden wir so in der Lage sein, die Grunderwerbsteuer in Schleswig-Holstein wieder zu senken!

Das ist unser Beitrag für mehr Steuergerechtigkeit: Wir schließen dieses Schlupfloch für große Immobilienkonzerne und können dadurch junge Familien beim Erwerb eines selbstgenutzten Eigenheims finanziell entlasten. Ebenfalls einig sind wir uns in der Forderung, dass es eine Anzeigepflicht für Steuerspar-Modelle geben muss. Steuerberater, Anwaltskanzleien und Wirtschaftsprüfer müssen dem Finanzamt mitteilen, wenn bestimmte Konstruktionen nur aus steuerlichen Gründen gewählt worden sind.

Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein steht hier an der Spitze der Bewegung. Für die Erarbeitung des entsprechenden Gesetzentwurfes hat die Finanzministerkonferenz in der letzten Woche unserem Bundesland die Federführung übertragen.

Im Koalitionsvertrag haben wir noch einen weiteren Schritt vereinbart: Wir sind bereit, international tätige Unternehmen in die Steuerverantwortung des Bundes zu überführen, um so die Kräfte im Kampf gegen trickreiche Steuervermeidung zu bündeln.

Dennoch schreiben Sie am Ende ihrer Pressemitteilung, Herr Dr. Stegner, dass Ihnen trotz alledem die Position der CDU zur Steuerehrlichkeit bisher verborgen geblieben sei. Ohne jegliche Begründung suggerieren sie mit dieser Andeutung, dass die Union ein unklares oder sogar fragwürdiges Verhältnis zur Steuerehrlichkeit hätte.

Diese Behauptung ist nicht nur falsch und unzutreffend, sondern sie ist auch schlichtweg unanständig.

Wir können gerne in der Sache hart miteinander streiten. Möglicherweise haben wir unterschiedliche Vorschläge und Konzepte, wie Steuerhinterziehung und Steuergestaltungen zu bekämpfen sind. Aber hier unterschwellig anzudeuten, die Union sei auf diesem Auge blind und an Steuergerechtigkeit nicht interessiert, auf ein solches Niveau sollten wir als Demokraten nicht herabbegeben. Dagegen spricht im Übrigen eine Vielzahl von CDU-Beschlüssen, die teilweise auch in den Landtagsdrucksachen der letzten Jahre nachzulesen sind.

Dagegen sprechen vor allem aber auch die Fortschritte und die Erfolge, die in den vergangenen Jahren unter Führung von Wolfgang Schäuble als Bundesfinanzminister erzielt worden sind. Ausgehend von der Berliner Steuerkonferenz im Jahre 2014 haben mittlerweile 100 Staaten und Gebiete weltweit einen automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten miteinander vereinbart.

Ebenso wie der Koalitionsvertrag steht auch diese Vereinbarung nicht nur auf dem Papier, sondern der tatsächliche Austausch von Daten hat am 30. September diesen Jahres bereits begonnen. Das ist ein echter Meilenstein in der globalen Zusammenarbeit gegen Steuerbetrug!

Alles das blendet die SPD offensichtlich aus, weil es nicht in das gewünschte Bild passt, wonach die SPD die einzige Partei ist, die für Steuerehrlichkeit eintritt. Wer so agiert, der muss sich auch die Frage gefallen lassen, was denn die SPD in eigener Regierungsverantwortung für mehr Steuergerechtigkeit eigentlich erreicht hat?

Zehn Jahre lang hat die SPD mit Hans Eichel und Peer Steinbrück den Finanzminister gestellt. In diese Zeit fällt mit den Cum-Ex-Deals der größte Steuerskandal der deutschen Geschichte.

Dem dadurch entstandenen Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe haben die beiden SPD-Minister nicht nur tatenlos zugesehen, sondern Peer Steinbrück hat diese Praxis mit dem Jahressteuergesetz 2007 sogar quasi legalisiert. Erst 2012 ist es dann unter Wolfgang Schäuble gelungen, dem ein Ende zu bereiten.

An Ihrer Stelle, liebe Kollegen von der SPD, wäre ich deshalb ganz klein mit Hut, anstatt sich jetzt an der Frage abzuarbeiten, ob es für den Politiker Kubicki angemessen ist, wenn er als Strafverteidiger seinen Job macht und Mandanten in dieser Angelegenheit vertritt.

Wenn wir die Debatte auf diese Weise führen, indem wir für die beklagten Ungerechtigkeiten nach Schuldigen suchen und dann mit dem Finger auf andere Parteien und Personen zeigen, dann stärken wir am Ende nur Populisten und Extremisten, weil wir der Politikverdrossenheit damit weiter Vorschub leisten.

Der Kampf gegen Steuerflucht und trickreiche Steuervermeidung ist ein höchst komplexes Problem. Es reicht eben nicht, nur deutsches Steuerrecht zu ändern, sondern wir müssen auch Einfluss auf das Steuerrecht anderer souveräner Staaten nehmen. Nur so werden die Steueroasen weltweit trocken legen.

Das werden wir nur gemeinsam schaffen, und nicht indem wir einseitig versuchen, daraus politisches Kapital zu schlagen. Deshalb gilt auch hier: Anpacken statt rumschnacken und genau das machen wir als Jamaika in Schleswig-Holstein!