„Die größte und wichtigste Reform der Jamaika-Koalition“

11.03.2020

Tobias Koch in Hoisdorf über das neue Kita-Gesetz

Er sei stolz auf das größte und wichtigste Reformvorhaben der Jamaika-Koalition in ihrer ersten Regierungszeit, sagte Tobias Koch. Der Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Stormarn-Mitte und CDU-Fraktionsvorsitzende in Kiel war nach Hoisdorf gekommen, um über die Kita-Reform zu sprechen. Eine Milliarde Euro — bei einem Gesamthaushalt Schleswig-Holsteins von etwa 13 Milliarden Euro — investiere das Land in dieser Legislaturperiode in das „Gesetz zur Stärkung der Qualität in der Kindertagesbetreuung und zur finanziellen Entlastung von Familien und Kommunen“, wie die Kita-Reform offiziell heißt. Die Förderung des Landes pro Kind werde zwischen 2017 und 2022 mehr als verdoppelt. „Sie sehen an diesem Volumen, welche Bedeutung dieses Gesetz für die Koalitionspartner hat. Wir waren uns über seine Notwendigkeit von Anfang an alle einig.“

Tobias Koch war von der CDU-Hoisdorf eingeladen worden, um gemeinsam mit den Kreistagsabgeordneten Mathias Nordmann (CDU) und Hergen Michael Tantzen (FDP), mehreren Hoisdorfer Politikern sowie dem Stormarner Elternvertreter Tom Winter Fragen zu dem umfangreichen und komplexen Gesetzesvorhaben zu beantworten, das am 12. Dezember 2019 vom Landtag beschlossen wurde und am 1. August in Kraft treten soll. Dass Redebedarf besteht, war offensichtlich. Mehr als 50 Gäste waren ins Landhaus Hoisdorf gekommen, überwiegend Eltern von Kita-Kindern, aber auch Kita-Personal und Gemeinderatsmitglieder, um sich die Auswirkungen des Gesetzes vor Ort erklären zu lassen.

Tobias Koch skizzierte zunächst die drei tragenden Säulen der Kita-Reform. Es solle mit der landesweiten Vereinheitlichung dauerhaft die Qualität der Kinderbetreuung verbessert werden, Eltern würden entlastet und die Kommunen sollten dabei finanziell vom Land unterstützt werden. Bei der Umsetzung seien zwei Prinzipien leitend:

1. Es gelten künftig landesweite Standards (zum Beispiel bei der Elternbeteiligung, beim Personalschlüssel pro Kita-Gruppe, beim Raumbedarf, bei den Ferien-Schließzeiten), die besser als der bisherige landesweite Durchschnitt sein sollten.

2. Alle neuen Standards sind Mindestwerte, es steht den Kommunen (und Kreisen) frei, darüber hinausgehende Marken selbst zu setzen. Tobias Koch räumte ein, dass es in der Einführungsphase zu Verunsicherungen bei allen Beteiligten kommen könne, weil bei einem solch umfangreichen und komplexen Gesetzesvorhaben nicht alle Konsequenzen im Einzelfall überblickt werden könnten und dass vor Ort nicht alles sofort als Verbesserung empfunden werde.

Für Irritation sorgt die aktuelle Situation in der Hoisdorfer Kita, wo zuletzt wegen fehlenden Personals Gruppen geschlossen wurden, so dass Eltern spontan die Betreuung ihrer Kinder selbst organisieren mussten — was für Berufstätige schwierig zu realisieren ist. Deshalb fragten besorgte Eltern, wie denn ein verbesserter Personalschlüssel im künftigen Kita-Gesetz umgesetzt werden solle, wenn das System schon jetzt unter Fachkräftemangel leide. Der FDP-Kreistagsabgeordnete Hergen Michael Tantzen ergänzte, dass aktuell landesweit 600 Stellen im Kita-Bereich nicht besetzt seien, der Betreuungsschlüssel also zurzeit nicht einzuhalten sei.

Tobias Koch sagte, dass der Fachkräftemangel ein Defizit sei, das nichts mit dem Kita-Gesetz zu tun habe, aber durch dieses auf Sicht behoben werden solle. Er verwies auf die verbesserten Rahmenbedingungen des Gesetzes für das pädagogische Personal (der großzügigere Personalschlüssel zum Beispiel, erleichterter Zugang für geeignete Quereinsteiger) und flankierende Initiativen des Bildungsministeriums in der Ausbildung. Die Arbeit von Kita-Fachkräften müsse aufgewertet werden und attraktiver gemacht werden. Das Kita-Gesetz leite diesen Prozess ein, eine Trendwende brauche aber nicht zuletzt wegen der Ausbildungszeiten neuen pädagogischen Personals etwas Zeit. Koch versprach: „Wir werden zukünftig mehr Erzieher unter neuen, besseren Rahmenbedingungen einstellen können.“

Der CDU-Kreistagsabgeordnete Mathias Nordmann sagte, dass auch in Bad Oldesloe noch nicht absehbar sei, was die Kita-Reform für Stormarn bedeutet. „Wir sehen noch nicht genau, was durch das Gesetz finanziell auf den Kreis zukommt. Noch evaluieren wir.“ Er kündigte jedoch an, dass der Kreis auch bei eventuellen Mehrbelastungen nicht dem grundsätzlichen Ziel der Reform widersprechen werde, dass Eltern am Ende weniger zahlen müssten. Das sei auch auf kommunaler Ebene anzustreben, sagte Volker Horl, CDU-Fraktionsvorsitzender in der Hoisdorfer Gemeindevertretung.

In einer lebhaften Diskussion mit detaillierten Fragen zeigte sich, dass die Planung allein noch nicht alles beantwortet, sondern dass sich manches im Alltag wird regeln müssen. Das sei bei einem so großen Wurf wie der Kita-Reform ganz natürlich, weil ein kompletter Systemwechsel vollzogen werde, mit dem eine historisch gewachsene uneinheitliche Praxis ersetzt werde, sagte Tobias Koch. „Wir betrachten das als ein lernendes System.“

Der Stormarner Elternvertreter Tom Winter lobte die trotz mancher Unklarheiten in der Startphase „längst überfällige Kita-Reform“ und bedankte sich dafür, dass die Politik sich den Bürgern direkt gestellt habe, um Fragen direkt an der Basis zu klären: „Das ist eine Supersache und nicht selbstverständlich“ — dafür gab es Szenenapplaus.

Nach fast drei Stunden lebhafter Diskussion waren sich alle Beteiligten einig, dass es gut war, über ein so weitreichendes Gesetzesvorhaben im Vorfeld miteinander zu sprechen und dass Bürgernähe durch Transparenz entstehe. Tobias Koch gab den Eltern von Kita-Kindern ein Versprechen mit auf den Heimweg: „Vom 1. August 2020 an können Sie die Entlastung fest einplanen.“